25. Weltkongress der bucharischen Juden in Wien

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Bildquelle: Chaiim Tuito

Am 27. Februar 2025 fand in Wien der 25. Weltkongress der bucharischen Juden unter dem Vorsitz von Präsident Lev Leviev statt. Der Kongress würdigte die Errungenschaften der Organisation, die als Spiegelbild der Geschichte und Leistungen der bucharischen Juden im 21. Jahrhundert gilt. Gleichzeitig feierte Wien den 25. Jahrestag der Gründung der bucharischen jüdischen Gemeinde in Österreich – ein erster und bedeutender Schritt in Westeuropa. Der Kongress zog Vertreter und Aktivisten aus Israel, den USA, Usbekistan, Deutschland und Russland an, die gemeinsam die Bedeutung von Bildung, kultureller Entwicklung und internationalem Zusammenhalt betonten.

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Ein zentraler Programmpunkt war der Führungswechsel: Boris Kandov trat als Präsident des amerikanisch-kanadischen Kongresses zurück und übergab das Amt an Hagit Sofieva-Levieva, die zudem die Lev Leviev Stiftung in den USA leitet – damit ist sie die erste Frau in dieser Führungsposition. Boris Kandov wurde erstmals für seinen Beitrag zur Entwicklung nordamerikanischer Gemeinschaften und zur Stärkung der diplomatischen Beziehungen ausgezeichnet. 1999 gründete er den Kongress der bucharischen Juden in den USA und Kanada, der als Symbol der Einheit zwischen diesen Gemeinschaften und Israel gilt.

Lev Leviev hielt eine viel beachtete Rede über die Bedeutung jüdischer Bildung und die Einigkeit der bucharischen Juden weltweit. Unterstützt von hochrangigen jüdischen Führern – etwa dem Oberrabbiner von Rishon LeZion sowie Vertretern der IKG Wien (Präsident Deutsch, Vizepräsident Galibov und Generalsekretär Nägele) – wurde der Tag durch emotionale Momente, kulturelle Darbietungen von Efraim Shaulov und die Anerkennung langjähriger Verdienste zu einem historischen Ereignis im Leben der bucharischen Juden. Im Anschluss an die Rede von IKG Präsident Oskar Deutsch erhielt der Präsident des Weltkongresses der bucharischen Juden, Lev Leviev, die Simon Wiesenthal Münze als Geschenk. Dieser besuchte im Vorfeld des Kongresses das Präsidium der Kultusgemeinde. 

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IKG Vizepräsident Michael Galibov unter den „Person of the Year 2025“ Preisträgern

Zu den Preisträgern des „Person of the Year 2025“-Awards zählte unter anderem David Mavashev, ein bedeutender Philanthrop und Präsident der Itzhak Mavashev Stiftung, der sich für die Förderung der bucharischen jüdischen Kultur und Bildung engagiert. Marik Moshiya Kalontarov wurde für seine Projekte zur Stärkung des spirituellen Lebens der bucharischen Juden – etwa in New York und Samarkand – ausgezeichnet. Darüber hinaus erhielten die Politiker Ramla Avraham Juraev und Or Yehuda Zhanna Cohen, der Rektor der Ariel University Albert Pinkhasov sowie der Vizepräsident der IKG Wien Michael Galibov die Auszeichnung für ihr herausragendes Engagement.

Rede des IKG Präsidenten Oskar Deutsch

K’vod haRabbanim!
Lieber Herr Präsident Lev Leviev!
Lieber Herr Präsident Shlomo Ustoniazov!
Lieber Vorsitzender der Bukharian Association Yachad in Wien, Jusik Sarikov!
Lieber stellvertretender Vorsitzender und Vizepräsident der jüdischen Gemeinde, Misha Galibov!
Sehr geehrte Damen und Herren,aus Wien und dem Ausland, aus aller Welt.
Dustoni Asis – Chusch omadeton!

Liebe Freunde!

Eigentlich geht es nicht nur um Freundschaft. Es ist mehr. Freunde kommen und gehen. Aber wir sind alle Mitglieder einer Familie, der jüdischen Familie. Wir alle gehören zu dem einen Am Israel!

Es ist eine besondere Ehre für die jüdische Gemeinde in Wien, dass Sie aus so vielen Ländern angereist sind, um in unserer Stadt den 25. Jahrestag des World Congress of Bukharian Jews zu feiern. Von allen möglichen Orten haben Sie Wien als Gastgeberstadt gewählt, und ich glaube, das ist kein Zufall.

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Die jüdische Gemeinde Wiens ist in der jüdischen Welt dafür bekannt, zahlenmäßig eher klein zu sein – etwa 8.000 Mitglieder – aber zugleich eine sehr aktive und starke Gemeinde zu sein, die eine robuste jüdische Infrastruktur bietet: Kindergärten und Schulen, ein Elternheim, ein Berufsbildungszentrum, 23 Synagogen mit einer noch größeren Zahl von Rabbanim. Außerdem haben wir 10 koschere Restaurants, Sportvereine und viele Jugendorganisationen und so weiter.

Und – noch wichtiger – wir sind eine Einheitsgemeinde – eine starke jüdische Einheit von Sefardim, Aschkenasim etc. – alle haben ihre besonderen Traditionen, Nussachim etc. – aber es gibt einen Hashem, eine Thora und einen Am Israel. So leben und organisieren wir unser Gemeindeleben gemeinsam als EINHEIT. Mi jedíni.

Das macht Wien einzigartig, und ich bin sehr stolz darauf.

Alle Juden zusammen – Am Echad!

Orthodoxe und säkulare, Aschkenasim und Sefardim, alle verschiedenen Verbände, alle verschiedenen Organisationen, alle verschiedenen politischen Parteien – unter einem Dach. Manche nennen es eine „jüdische Utopie“. Aber es ist keine Utopie, es ist die Wiener Realität.

Ja, wir haben unterschiedliche Meinungen. Und ja, wir führen viele Debatten. Aber das sind wir – als Juden. Wir lieben es, verschieden zu sein – und doch als Einheit zusammenzukommen. Das liegt in unserer jüdischen DNA. Einheit in Vielfalt.

Vor ein paar Monaten haben wir den 50. Jahrestag der Ankunft der ersten bucharischen Juden in Wien und die Gründung des Vereins Bucharischer Juden durch Dr. Grisha Galibov – möge sein Andenken ein Segen sein – gefeiert.

In den 1970er Jahren flohen viele Juden aus der Sowjetunion. Aschkenasim aus Russland, der Ukraine, Belarus sowie Sefardim aus Usbekistan, Kasachstan, Georgien und anderen Regionen kamen nach Wien. Seitdem hat sich die Welt komplett verändert. Einige schlimme Dinge passierten, aber auch gute. In Wien geschah sogar Magie, echte Simanim.

Eine dieser Wunder war die vollständige Integration aller sephardischen und aschkenasischen Juden in unserer einheitlichen jüdischen Gemeinde.

1938 war Wien die Heimat der drittgrößten jüdischen Bevölkerung Europas mit mehr als 200.000 Mitgliedern. Nach der Shoah waren es weniger als 2.000. Einige kehrten aus den DP-Camps zurück, andere zogen aus der Asche Osteuropas nach Westen und landeten in Wien.

Mein verstorbener Vater – möge sein Andenken ein Segen sein – kam aus Cluj, Rumänien, nach Wien. Meine Mutter kam aus Lviv, der ehemaligen Sowjetunion, nach Wien. Und ich wurde dann bereits in Wien geboren. Lassen Sie mich Ihnen sagen: Ich bin ein echter Wiener Jude – denn beide meiner Eltern wurden im Ausland geboren. So wie auch der Vizepräsident unserer einheitlichen Gemeinde, Misha Galibov.

Samarkand, Taschkent, Duschanbe, Buchara oder Czernowitz, Cluj, Budapest, Warschau, Prag, Berlin, Tel Aviv oder Wien – wo auch immer unsere Eltern geboren wurden: Wir sind Am Israel! Und hier in Wien sind wir alle Wiener Juden!

Als gewählte Vertreter der jüdischen Gemeinde ist es unsere Aufgabe, die Gemeinde sowohl intern als auch extern zu repräsentieren. In unserem Vorstand arbeite ich eng in einer Koalition meiner politischen Gruppe mit der Verein Bucharische Juden YACHAD zusammen – und das ist unser Motto: zusammen.

„Kol Israel Arevim Se-Lase“ – „Jeder Jude ist für den anderen verantwortlich.“ Es heißt nicht, dass jeder Aschkenazi für jeden Aschkenazi, oder jeder Sefardim für jeden Sefardim, oder jeder Levi für jeden Levi verantwortlich ist. Es ist „Kol Israel“ – das heißt, ganz Israel: alle Juden für alle Juden! Dies muss weiterhin unser Leitprinzip sein.

Und wir müssen uns jeden einzelnen Tag bemühen, diesem Prinzip gerecht zu werden.

Nehmen Sie zum Beispiel unsere Schulen. Wir haben vier jüdische Schulen. Während alle von ihnen von der Gemeinde mit Zuschüssen und Sicherheitsleistungen unterstützt werden, wird eine davon – die Zwi Peretz Chajes School – direkt von der Gemeinde verwaltet. Wir kümmern uns um die jüdische und zionistische Bildung unserer Jugend, und ich möchte betonen, dass dies die einzige Schule in Wien ist, die Yom HaAtzmaut feiert und Israel in den Mittelpunkt ihres Lehrplans stellt. Lassen Sie mich Ihnen versichern: Wir sind sehr stolz auf unsere jüdische Jugend, die die Vielfalt – und Einheit – unserer Gemeinde widerspiegelt!

Es gab Zeiten, in denen einige versuchten, unsere Einheit zu stören – vergeblich.

Leider erkennen manche Menschen die Bedeutung unserer Einheit erst, wenn Gefahr droht, wie es derzeit infolge des 7. Oktober der Fall ist, an dem wir einer gigantischen Welle des Antisemitismus ausgesetzt sind. Aber heute ist unsere Einheit stärker denn je.

Lassen Sie mich also mit einer ganz klaren Botschaft aus Wien an all Ihre Gemeinden abschließen:

Mögen die äußeren Bedrohungen verschwinden, aber möge die Einheit bleiben,mögen die Geiseln sofort heimkehren, unsere Soldaten sicher nach Hause kommen und Frieden in Israel, Österreich und der ganzen Welt herrschen!

Danke.
Toda.
Spasiba.