In der Sitzung des Kultusvorstands vom 24. September 2024 wurden folgende Themen behandelt:
- Der 7. Oktober und seine Auswirkungen
- Sicherheitsmaßnahmen in Wien
- Hamaspropaganda im ORF - Rückgabe eines Gemäldes aus dem Bestand der IKG
- Rund um den Stadttempel
- Bericht des Präsidenten
Der 7. Oktober und seine Auswirkungen
Am 7. Oktober vor einem Jahr überfiel die dschihadistische Terrororganisation Hamas Israel und sorgte für das bisher massivste pogromartige Massaker an Juden und Jüdinnen seit der Schoa. Die IKG Wien ruft gemeinsam mit vielen jüdischen Organisationen, Institutionen und Vereinen zu einem Gedenken an die mehr als 1.200 Ermordeten auf: Am 7. Oktober 2024 soll um 18 Uhr am Ballhausplatz einerseits an die Toten erinnert, andererseits aber auch auf das Schicksal der immer noch rund 100 in Gaza festgehaltenen Geiseln hingewiesen werden. In der Veranstaltung werde auf Gebet, Musik und Kultur gesetzt, wie KVin Natalie Neubauer (Atid) betonte. IKG-Präsident Oskar Deutsch appellierte an alle Fraktionen, innerhalb der eigenen Organisationen für diese Kundgebung zu mobilisieren – wünschenswert wäre eine Teilnahme möglichst vieler Gemeindemitglieder und von Menschen aus ganz Österreich.
Sicherheitsmaßnahmen in Wien
Die Sicherheitslage ist seit den Ereignissen des 7. Oktober angespannt: In Österreich gelte nach wie vor die zweithöchste Terrorwarnstufe, betonte Gad Fischman, Vorsitzender der Sicherheitskommission. Seitens der IKG-Sicherheit bemühe man sich dennoch seit Beginn dieses Jahres, damit jüdisches Leben ohne Einschränkungen stattfinden könne – so konnte etwa auch das Sommerfest oder das Straßenfest am Judenplatz sowie diverse Thoraeinweihungen und verschiedene andere Veranstaltungen durchgeführt werden. Vor allem aber sorge man im Alltag für Sicherheit, damit Gemeindemitglieder unbesorgt ihre Kinder in die Schule oder den Kindergarten bringen oder aber ihre Einkäufe in koscheren Geschäften erledigen können. Das habe aber zu einem massiven Anstieg der benötigten Manpower für Patrouillen geführt. Fischman dankte hier den Freiwilligen, die derzeit rund zehn Prozent der Dienste leisten. Dennoch seien insgesamt die Kosten, dabei allen voran die Personalkosten, weitaus höher als im Budget 2024 veranschlagt. Er ersuchte daher den Kultusvorstand, eine Budgetüberschreitung in Höhe von 356.000 Euro zu bewilligen. Der Kultusvorstand stimmte dem einstimmig zu. In einer kurzen Debatte wurde zuvor erörtert, wie diese Summe aufgebracht werden könnte. Deutsch betonte dazu, dass dies nicht so wie in den Monaten Oktober bis Dezember 2023 durch Spenden zu bewerkstelligen sei. Wenn nicht anders möglich, werde die IKG hier einen Kredit aufnehmen und im Budget 2025 nach Möglichkeiten suchen, entsprechend einzusparen.
Hamaspropaganda im ORF
Wenig erfreulich sei die Ausstrahlung einer TV-Dokumentation über die Situation in Gaza im Rahmen des „Weltjournals“ im ORF gewesen. Hier sei israelfeindliche Propaganda betrieben worden, die IKG habe sich daher gezwungen gesehen, die Sicherheitsmaßnahmen noch weiter zu erhöhen. In einem langen Schreiben wandte sich Präsident Deutsch zudem an die ORF-Führung. Dieses ist hier nachzulesen: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240906_OTS0094/nach-verbreitung-von-hamas-luegen-in-orf-weltjournal-ikg-muss-schutzmassnahmen-wegen-israelfeindlicher-propaganda-erhoehen
In der Antwort habe der ORF unter anderem darauf verwiesen, dass über die Auswirkungen auf beiden Seiten berichtet werde. Der IKG gehe es allerdings um genau diese Gleichstellung des Angriffs von Terroristen und der Verteidigung durch Israel, so Deutsch. Er sah im Fall dieser Dokumentation jedenfalls die journalistische Sorgfalt nicht erfüllt, so seien auf Arabisch geäußerte Aussagen, Juden seien hinterhältige Mörder, zum Beispiel in der deutschen Synchronisation nicht berücksichtigt worden. Auch die Hamas-Nähe von in dieser Doku Zitierten sei nicht offengelegt worden. Der Kultusvorstand beschloss, weiterführende Maßnahmen nicht öffentlich zu erörtern.
Rückgabe eines Gemäldes aus dem Bestand der IKG
Die IKG habe 1972 42 Gemälde, deren frühere Eigentümer nicht eruiert werden konnten, von einer Sammelstelle, die auf Basis des Staatsvertrags eingerichtet worden war, übergeben bekommen, berichtete Erika Jakubovits, Leiterin der Restitutionsabteilung, Dienstagabend dem Kultusvorstand. Bei einem dieser Gemälde, die allesamt von unbekannten Künstlern stammen und materiell nicht wertvoll seien, habe die IKG nun die Provenienz eruieren können. Das Gemälde, das sich derzeit als Leihgabe im Jüdischen Museum Wien (JMW) befinde, soll nun den Nachfahren der ursprünglichen Besitzer zurückgegeben werden. Jakubovits bat hier den Kultusvorstand um entsprechende Zustimmung – diese erfolgte einstimmig. Bei dem Gemälde handelt es sich um ein Kinderbildnis aus dem Jahr 1887, in einem großen Format von 127 cm x 85 cm. Dieses soll nun an die rechtmäßigen Erben nach Anna Jacobi restituiert werden, das Prozedere folgt dem Kunstrückgabegesetz. Einer der Erben ist dieser Tage aus Australien nach Wien angereist und konnte das Bild erstmals in natura ansehen.
Rund um den Stadttempel
Die Hohen Feiertage stehen vor der Türe – diese können heuer noch im Stadttempel begangen werden, bevor dieser rundumerneuert wird. Aufgebracht werden sollen die dafür nötigen Mittel auch durch Spenden. Hier wurde nun dafür gesorgt, dass diese Spenden von der Steuer abgesetzt werden können, wie Harald Sasse, für Finanzen zuständiger stellvertretender IKG-Generalsekretär, berichtete. Erhöht wurden für das kommende jüdische Jahr zudem die Preise für die Tempelkarten. Die Anhebung beträgt im Schnitt rund zehn Prozent.
Bericht des Präsidenten
IKG-Präsident Deutsch berichtete, dass der Platz unterhalb der Herzl-Stiege nach dem berühmten Wiener Kantor Salomon Sulzer benannt wird. Dies habe ihm Bezirksvorsteher Markus Figl bestätigt.
Rund 50 Gemeindemitglieder seien der Einladung zu einem Bürgerparlament zum Thema Restaurierung des Stadttempels gefolgt. Sie hätten sehr viele Inputs gegeben, die von den Architekten aufgenommen worden seien.
Bei einer Partnerveranstaltung mit dem Österreichischen Integrationsfonds sei über den Arbeitsmarkt für ukrainisch-jüdische Geflüchtete informiert worden.
Deutsch berichtete zudem von der Präsentation von zwei Bänden des von IKG-Ehrenpräsident Ariel Muzicant initiierten und finanzierten Buchprojekts über die Geschichte der IKG nach 1945, die vom früheren IKG-Generalsekretär Raimund Fastenbauer geschrieben wurden, im Parlament.
Der diesjährige Tag der Offenen Tür in der IKG fiel just auf das Unwetter-Wochenende. Dennoch entschloss man sich, die Veranstaltung durchzuführen – und es seien an die 500 Interessierte gekommen. „Es war kleiner als sonst, aber dennoch eine feine Veranstaltung“, so Deutsch.
In einem Gespräch mit Willi Mernyi, dem Vorsitzenden des Mauthausen Komitees, sei man nach den unerquicklichen Vorkommnissen bei der Befreiungsfeier im vergangenen Mai, wo eine Palästina-Flagge geschwenkt wurde, übereingekommen, die Hausordnung dahingehend zu ändern, dass die Polizei künftig in einem solchen Fall eingreifen könne.
Stichwort Polizei: In den Sofiensälen gab es ein Polizeikonzert mit Roman Grinberg, welches die tolle Beziehung zwischen IKG und Polizei untermauert habe.
Zu einem Treffen kam es zudem mit dem Bundesratspräsidenten Franz Ebner (ÖVP). Dabei habe man sich über die Zusammenarbeit unterhalten.
Getagt habe die Jury des Wiesenthal-Preises des Parlaments, der auch Deutsch angehört. Er dürfe hier zwar noch nichts verraten, „aber ich glaube, es sind sehr würdige Gewinner“.
Diesen September gab es zudem ein Jubiläum zu feiern: Die ZPC-Schule wurde 40 Jahre alt. Dabei habe man auch viele ehemalige Absolventen und Absolventinnen begrüßt.