Mischpachot - Eine große Familie in Prag

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Es war schon ein besonderes Gefühl. Eine große Gruppe erkennbar jüdischer Menschen in der Prager Innenstadt erweckt ohnehin Aufsehen. Aber als wir uns dann noch ganz selbstverständlich auf Deutsch unterhielten, unsere herumtobenden Kinder zusammenriefen bevor wir in die - extra für uns aufgesperrten - ansonsten vor allem als Museum genutzte Synagogen zum Beten gingen, blieben nicht wenige Passanten staunend stehen.

Wir können wirklich stolz sein auf das, was wir in Wien mit – oder besser: trotz – seiner Geschichte an aktivem jüdischen Leben erreicht haben. Aber sowie passiert nicht von selbst. Um das zu schaffen und zu erhalten müssen wir das Gemeinsame über das Trennende stellen.

Am ersten November Wochenende lud MISCHPACHOT zu seinem jährlichen Shabbaton -  dieses Mal in Prag.

„Mischpachot“ beschreibt sich auf der Webseite als „ein Kreis von jüdischen Familien zur Organisation von gemeinsamen Aktivitäten wie Ausflügen, Kursen oder Feiertags- und Shabbat-Erlebnissen in Zusammenarbeit mit dem Rabbinat der IKG.“ Es ist aber so viel mehr.

Sefarden und Aschkenasen, Charedim, Chabadnikim, mehr oder weniger Modern-Orthodoxe, Misrachi, Buchari, Sekulare und andere – insgesamt 130 Juden und Jüdinnen, Eltern und Kinder - verbrachten zusammen Familienzeit. Zeit, in der man Gemeinsamkeiten entdecken und Gemeinschaft erfahren darf. Zeit, in der man einander zuhört und für einander da ist. Zeit, die man gemeinsames er-lebt und in der man sich gegenseitig verstehen lernt.

Und so ganz nebenbei entstehen Brücken tragfähiger zwischenmenschlicher Beziehungen zwischen verschiedensten jüdischen Gruppen in Wien, die sonst nur wenig miteinander zu tun haben.

Ein langes Wochenende lang durften wir gemeinsam Prag entdecken. Am Shabbat beteten wir in der Jerusalem Synagoge, die zwar prächtig aber leider mittlerweile ein Museum ist, und in der AltNeuShul des Marharal von Prag. Die Kinder gruselten sich bei Erzählungen über den Prager Golem. Bei den Seudah sangen wir sefardische und askenasische Niggunim, beim spätabendlichen Tisch dann ebenso. Wir saßen gemütlich zusammen - es wurde diskutiert, nachgedacht, gelernt und gelacht. Wir lauschten Schiurim, einige lernten alleine oder in Chevrutas während andere sich einfach unterhielten, die Kinder spielten oder bastelten. Nach einem Impulsreferat von Reuven Rennert tauschten wir uns über die Gefahren digitaler Medien allgemein und insbesondere in der jüdischen Erziehung aus. Am Sonntag erforschten wir mit einem lokalen Reiseführer noch gemeinsam das jüdische Prag.

In der jüdischen Mischpoche wird das Fundament für die Zukunft gelegt - Mischpachot legt das Fundament für die Zukunft der jüdischen Gemeinde in Wien.

Dafür möchte ich mich bedanken bei jenen, die hinter Mischpachot stehen: allen voran Daniel Schönberger und Oberrabbiner Jaron Engelmayer – und so viele andere helfenden Hände, ohne die es Mischpachot nicht geben würde. Danke auch an die IKG, die durch ihre Unterstützung all dies möglich macht.

Katja Septimus