Vielfältiges Angebot für junge Menschen in der IKG Wien

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Ariella (17) hat ihr Praktikum bei der IKG Wien im Rahmen ihrer Ausbildung absolviert. In diesem Artikel gibt sie Einblicke in die Beiträge unterschiedlicher Abteilungen und zeigt das vielfältige Angebot für alle Kinder und Jugendlichen in der Gemeinde.

Als ich im Juni 2024 mit meinem Praktikum in der IKG Wien begann, stellte ich mir die Frage, was die Kultusgemeinde für uns Jugendliche eigentlich macht. Ich durfte meine Zeit in der Gemeinde nutzen, um genau dieser Frage nachzugehen, die einzelnen Abteilungen zu besuchen und einen Blick hinter die Kulissen der Arbeit für Jugendliche zu werfen.

Da ich selbst mit meinen 17 Jahren noch als Jugendliche zähle, fragte ich mich oft, welche Leistungen ich in Anspruch nehmen darf. Nach vier Wochen intensiver Beschäftigung mit dem Thema erkannte ich, wie viel unseren Kindern und Jugendlichen geholfen wird. Die Unterstützung beginnt früh in unserer Gemeinde. Behilflich für die Eltern ist das von der Nachbarschaftshilfe koordinierte Projekt Gmach, bei dem Kleidung für Babys ab drei Monaten bis zum Erwachsenenalter gesammelt und verschenkt wird.

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Ebenfalls wird der Zusammenhalt und die Bindung in der Familie durch das vom Rabbinat organisierte „Mischpachot“ Wochenend-Programm gestärkt. Dabei unternimmt ein Kreis von jüdischen Familien gemeinsame Aktivitäten wie Ausflüge, Kurse oder Feiertags- und Schabbat-Erlebnisse. Auch die Kreativität wird durch das jährliche Purimfest gefördert, an dem sich Kinder als Marienkäfer, Ninjas oder Prinzessinnen verkleiden. Dort werden sie mit Leckereien wie Hamantaschen oder Geschenken wie Mischloach Manot verwöhnt. Für eine schöne Abwechslung sorgt der jüdische Kinderchor für Kinder im Alter zwischen sieben und 14 Jahren, der 2006 von Oberkantor Shmuel Barzilai gegründet wurde. Dabei lernen die jungen Gemeindemitglieder auch, selbstbewusst auf der Bühne zu stehen, die Nervosität vor Auftritten zu kontrollieren und damit zu selbstbewussten jungen Menschen heranzuwachsen.

Ein anderes heiß ersehntes Programm, worauf sich alle 12- und 13-Jährigen freuen, ist der BBMC, Bar und Bat Mitzwa Club. Im Rahmen dessen lernen die fast Erwachsenen die jüdischen Traditionen und ihre Wurzeln durch ein interessantes Programm und tolle Ausflüge. So begleitet die Kultusgemeinde die Kinder beim Erwachsenwerden.

Mit der Zwi Perez Chajes (ZPC) Schule und dem Jüdischen Beruflichen Bildungszentrum (JBBZ) betreibt die IKG Wien gleich zwei Bildungsinstitutionen. Die Angebote für Schülerinnen und Schüler gehen aber weit über das Bildungsangebot vom Kindergarten bis zur Matura oder Berufsabschluss hinaus. Auch jüdische Schülerinnen und Schüler, die in nicht-jüdische Schulen gehen, bekommen jüdischen Religionsunterricht von Rabbiner Edi Gross sowie Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister und können damit ihr Wissen rund um das Judentum bereichern. Darüber hinaus bietet das Rabbinat am Ende des Schuljahres einen Kiddusch nur für Maturantinnen und Maturanten. Das ist noch nicht alles, denn die Maturantinnen und Maturanten bekommen als Belohnung ihres schweren Bemühens tolle Geschenke. Eine große Hilfe ist das Rabbinat auch für unsere wehrpflichtigen Burschen. Diese bekommen im Alter von 17 Jahren alle Informationen, wie sie im Rahmen ihres Wehrdienstes auch ihre religiösen Pflichten und Bedürfnisse wahrnehmen können.

Der Mitgliederservice weist mich darauf hin, dass ich mit 18 Jahren zwar einen Mitgliedsbeitrag zahlen muss, dieser aber vor allem während meines Studiums verringert wird, damit ich eine finanzielle Bürde weniger habe, besonders da dies eine Zeit ist, in der die Ausgaben hoch sind und man nur wenig Geld verdient oder keine weitere Einnahmequelle hat.

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Last but not least, die Abteilung, die sich intensiv und ausschließlich mit uns Teenagern und jungen Erwachsenen beschäftigt, ist die Jugendkommission, oder kurz JUKO. In dieser Kommission kommen alle jüdischen Jugend- sowie Studierendenorganisationen der Gemeinde zusammen und spiegeln damit die gesamte Vielfalt unserer Gemeinde wider. Das bekannteste Programm ist wahrscheinlich LIKRAT, in dem jüdische Jugendliche in Schulklassen auf Augenhöhe in einen offenen Dialog treten. Es gibt aber zusätzlich viele weitere Angebote, die ich kennenlernen durfte. Zum Beispiel bringt die JUKO mit dem Programm „Israel Explained“ die Kultur Israels durch verschiedenste Workshops näher. Diese variieren vom Genuss israelischer Köstlichkeiten des Seven North Chefkochs Jonathan Cohen bis zu Vorträgen des israelischen Armeesprechers Arye Shalicar.

Gleichfalls eine wichtige Rolle spielt die JUKO bei der Organisation des „March of the Living“, bei dem wir als Jugendliche zusammen mit anderen jüdischen Jugendlichen aus der ganzen Welt durch das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz marschieren, um an das antisemitische Morden im Dritten Reich zu erinnern und zu demonstrieren, dass Antisemitismus in jeder Form bekämpft werden muss. Deswegen gibt es nicht nur den „March of the Living“, sondern auch die Mauthausen-Gedenkfahrt, wo wir Jugendliche und Studierende den Befreiungstag des Konzentrationslagers Mauthausen gleichzeitig feiern und betrauern. Der „Light of Hope“-Marsch, bei dem vergangenes Jahr über 2000 Personen teilnahmen und auch nicht-jüdische Verbündete teilnehmen, ist auch eine Gelegenheit, Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu hören. Derzeit fokussieren wir Jugendliche uns nicht nur auf das Vergangene, sondern müssen auch der grausamen Gegenwart mit Bedauern entgegenblicken. Mit inspirierenden, gleichermaßen bemerkenswerten Reden trugen Alt und Jung vor, was das terroristische Pogrom vom 7. Oktober für uns als Gemeinde bedeutete. Auch heute sagen wir gemeinsam: Bring them Home.

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Die Vergangenheit nicht zu vergessen ist ein wichtiger Bestandteil, denn ohne sie können wir nicht aus unseren Fehlern lernen. Deswegen tragen wir ein mutiges Gesicht und lassen uns nicht von anderen abhalten, unseren Glauben zu leben. Die Zeiten in Furcht zu leben sind vorbei. Aufgrund dessen möchte ich mich bei der IKG, für die Stärkung der Jugend in der Gemeinde, bedanken und vor allem auch für die vielen Programme und Infrastruktur, um unsere Religion ohne Angst ausüben zu können.

Am Israel Chai!