Bericht: Sitzung des Kultusvorstands vom 11. Februar 2025

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In der Sitzung des Kultusvorstands vom 11. Februar 2025 wurden folgende Themen behandelt:

  • Ehrung von Kardinal Schönborn
  • Kompetenzzentrum für Inklusions- und Förderpädagogik der IKG Wien
  • Kommunikationsprojekte im Jahr 2025
  • Regierungsverhandlungen/ FPÖ
  • Bericht des Präsidenten

Der erste Teil der Kultusvorstandsitzung wurde Dienstagabend in den Stadttempel verlegt. Eingeladen war Kardinal Christoph Schönborn, dessen Jahrzehnte langes Engagement für den jüdisch-christlichen Dialog von der IKG Wien mit einer besonderen Ehrung gewürdigt wurde: dem Kardinal wurde ein Stern in der Kuppel des Stadttempels gewidmet. „Wir schätzen den Kardinal sehr für den starken Einsatz für den interreligiösen Austausch und dafür, dass er die jüdische Gemeinde immer verteidigt und unterstützt hat“, betonte IKG-Präsident Oskar Deutsch. Und Oberrabbiner Jaron Engelmayer meinte, der Kardinal habe nicht nur stets viel Weitsicht und Weisheit gezeigt, „sondern auch viel Herz – Sie sind immer sehr beherzt vorgegangen“. Der Geehrte selbst sagte, dass nun ein Stern im Stadttempel seinen Namen trage, „berührt mich zutiefst“. Mehr über diesen Abend finden Sie im Bericht des Wina-Magazins

Kompetenzzentrum für Inklusions- und Förderpädagogik der IKG Wien

Präsentation des neuen Kompetenzzentrums für Inklusions- und Förderpädagogik der IKG Wien  Natalie Neubauer (Atid), Vorsitzende der Bildungskommission, und Lea Nanikashvili, Mitarbeiterin der Bildungskommission, präsentierten das neue Kompetenzzentrum für Inklusions- und Förderpädagogik, mit dem die IKG Wien ab sofort Kinder mit besonderen Bedürfnissen im Kindergartenalter besser unterstützen und vor allem so lange als möglich in jüdischen Bildungseinrichtungen betreuen möchte. Das Konzept des Kompetenzzentrums wurde von Fr. Irma Dhillon im letzten Jahr entwickelt. Mit ihr konnte eine langjährige und top ausgebildete Elementar- und Sonder-Pädagogin mit langjähriger Leitungserfahrung für diese Stelle gefunden werden, sie wird ab Mitte März die Leitung dieser in der IKG übernehmen. In allen jüdischen Kindergärten soll vor allem den betroffenen Kindern, aber auch ihren Eltern, Gruppen und Pädagoginnen auf vielfältige Weise geholfen werden. Es geht nicht nur darum diese Kinder individuell zu fördern, sondern bestmöglich in der Gruppe zu integrieren, etwaige Förderungen und Unterstützungsangebote der Stadt zu kennen und anfordern zu können und vor allem die Pädagoginnen langfristig zu schulen und mit zusätzlichen Skills auszurüsten. Nanikashvili betonte, man sei zudem dabei, ein Netzwerk mit Spezialisten in Österreich und Israel aufzubauen. Es gehe auch darum, betroffene Eltern zu beraten, etwa wenn es um die Suche nach der richtigen Schule gehe, sowie Familien miteinander zu verknüpfen. Eckpunkte des neuen Zentrums sind zudem Weiterbildung für alle Pädagogen und Pädagoginnen an jüdischen Bildungseinrichtungen sowie eine Entwicklungseinschätzung für alle Kinder in jüdischen Kindergärten im vorletzten Jahr.

Vorstellung der Kommunikationsprojekte im Jahr 2025

Ben Dagan, Leiter der Kommunikationsabteilung der IKG Wien, stellte dem Kultusvorstand die Kommunikationsprojekte für das laufende Jahr vor. Demnach sollen erstens die Schreibweisen jüdischer Begriffe im Haus vereinheitlicht und soll zweitens das visuelle Auftreten der IKG nach außen weiterentwickelt werden. Das betrifft einerseits Plakate, andererseits aber auch Werbeeinschaltungen in klassischen Medien sowie Social Media-Sujets. Die Einführung der neuen Sujets soll schrittweise über die kommenden Monate hinweg erfolgen.

Seitens der verschiedenen Abteilungen der IKG sei immer wieder der Wunsch nach mehr Flexibilität geäußert worden. Dem habe man mit der neuen Linie entsprochen. Abteilungen der IKG Wien werden zukünftig auch eine eigene Farbe bekommen. So wird etwa die Kultur wird künftig in Violett auftreten, Präsidium, Generalsekretariat und Rabbinat wie auch schon bisher in Blau. Die Jugend und die Bildung erhalten eigene Farben.

Nach Einführung des WhatsApp-Kanals soll heuer ein weiterer Social Media-Kanal eröffnet werden und der Newsletter wird optisch überarbeitet. Letzterer soll übersichtlicher werden. All das werde Inhouse umgesetzt.

Dagan betonte, dass derzeit Fotos von koscheren Restaurants und Geschäften in der Gemeinde gemacht werden, um die hervorragende Infrastruktur auch in der Übersicht über das koschere Angebot in der Stadt ansprechender auf der Website der IKG Wien zu gestalten.

Regierungsverhandlungen/ FPÖ

KV Erich Nuler (Atid) berichtete über jene Passagen aus den kürzlich geleakten Dokumenten zum Stand der (Dienstag Abend noch laufenden) Regierungsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP. In dem Papier, das 223 Seiten umfasst, kommen auch mehrere Punkte zur Sprache, die die jüdische Gemeinde direkt oder indirekt betreffen und aus denen die Haltung der FPÖ gegenüber spezifisch jüdischen Themen gut ablesbar sei. In dem Dokument wurden die einzelnen Kapitel mit grün (beiderseitige Zustimmung), gelb (weitere Verhandlungen nötig), rot (Ablehnung durch eine Seite) markiert.

Auf gelb gestellt wurde in dem Papier etwa das von der ÖVP eingeforderte Bekenntnis zum vor einigen Jahren geschaffenen Anrecht, als Nachfahre von verfolgten österreichischen Juden oder Jüdinnen, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Die FPÖ habe diesen Punkt auf gelb gestellt.

Rot markiert und daher von der FPÖ gänzlich abgelehnt wird die ÖVP-Forderung, die Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) in Österreich auf allen Ebenen und auch im ORF zu verankern.

Von der ÖVP eingebracht wurde auch die Schaffung eines Schoah-Zentrums. Hier ist die FPÖ klar dagegen – der Punkt stehe auf rot.

Immer wieder werde von einzelnen behauptet, die FPÖ sei zumindest gut für Israel, so Nuler. „Es bewahrheitet sich aber immer wieder, dass dem nicht so ist.“ Im Bereich Außenpolitik lehne die FPÖ etwa die Fortführung der Israelpolitik als Staatsräson der bisherigen ÖVP-Grünen-Regierung ab. Auf rot gestellt worden sei von der FPÖ auch der Punkt, dass Österreich Resolutionen gegen Israel in internationalen Organisationen wie der UNO nicht unterschreibe. Auf grün wurde von beiden Parteien lediglich die Unterstützung einer Zwei-Staaten-Lösung Israel/Palästina gestellt.

Betroffen wäre die IKG auch von der Abschaffung der steuerlichen Absetzbarkeit von Kirchen- und Kultusbeiträgen sowie Spenden an NGOs, wie sie die FPÖ fordert, so Nuler.

Bericht des Präsidenten

IKG-Präsident Deutsch berichtete über die heurigen Gedenkfeierlichkeiten in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz am Holocaust-Gedenktag Ende Jänner. Man sei dabei sehr auf die Überlebenden fokussiert gewesen. Thema sei aber auch gewesen, dass der Antisemitismus wieder steige.

KV René Wachtel (Chaj) merkte besorgt an, dass Studien in Österreich, aber auch aus den USA zeigen würden, dass das Wissen um den Holocaust bei der Jugend verblasse und fragte, was die jüdische Gemeinde dazu beitragen könne, um dem entgegenzuwirken. KVin Betty Kricheli (Atid) erwähnte die Leistung von Likrat, bei denen jüdische Jugendliche Schulen besuchen um über das Judentum, Israel und auch die Schoah aufzuklären.Deutsch verwies auf all das, was an Schulen dazu gemacht werde (Geschichtsunterricht, Teilnahme von Schulklassen am March of the Living mit Vor- und Nachbereitung, Besuch der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, das Begegnungsprojekt der IKG, Likrat etc.). Er unterstrich aber einmal mehr seinen Wunsch nach der Schaffung eines Schoah-Zentrums. Jad Vashem habe bereits zugesagt, sich bei einem solchen Projekt mit seiner Expertise einzubringen.

Erfreut zeigte sich Deutsch über die Zusage des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig, dass die Stadt ein Drittel der Kosten für die Restaurierung des Stadttempels übernehme. Ob auch die künftige Bundesregierung für einen Teil der benötigten Summe von insgesamt zehn Millionen Euro übernehmen werde, stehe derzeit in den Sternen.